Marokko – das sind nicht nur endlose Wüsten, bunte Medinas und duftende Gewürzmärkte. Wer wirklich hoch hinaus will, muss in den Hohen Atlas. Dort erhebt sich der Jebel Toubkal, mit 4.167 Metern der höchste Gipfel Nordafrikas. Eine Herausforderung – aber auch eine der eindrucksvollsten Erfahrungen meiner Reisen. In diesem Artikel erzähle ich dir, wie ich den Toubkal erklommen habe – Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug.
🗺️ Vorbereitung: Was du über den Toubkal wissen solltest
Der Toubkal liegt im Toubkal-Nationalpark, etwa 60 km südlich von Marrakesch. Ausgangspunkt der meisten Wanderungen ist das Berberdorf Imlil, das auf etwa 1.740 m Höhe liegt und gut erreichbar ist.
Beste Reisezeit:
- Mai bis Oktober – schneefreie Saison (ideal für Anfänger mit guter Grundkondition)
- November bis April – mit Schnee und Eis (nur mit Steigeisen, Guide & Erfahrung!)
Packliste Basics:
- Gutes Schuhwerk (Bergstiefel mit Profil)
- Warme Kleidung für die Nacht (es wird eiskalt, auch im Sommer!)
- Sonnenschutz und Kopfbedeckung
- Schlafsack (für die Übernachtung im Refuge)
- Snacks & Wasser (es gibt unterwegs kaum Verkaufsstellen)
🥾 Tag 1: Von Imlil zum Refuge du Toubkal (3.207 m)
Nach einem frühen Frühstück in Imlil begann meine Wanderung. Der Weg führte durch kleine Dörfer, vorbei an Maultieren, Kindern, die „bonjour“ riefen, und Frauen, die Kräuter trockneten. Die Luft wurde mit jedem Schritt klarer und frischer.
Unterwegs passierte ich das Heiligtum Sidi Chamharouch, ein weiß gestrichener Felsen mit spiritueller Bedeutung, wo viele Berber innehalten. Dort legte ich auch eine kurze Pause ein.
Gegen Nachmittag erreichte ich das Refuge du Toubkal, wo die meisten Wanderer übernachten. Einfach, aber funktional – und die Aussicht auf die umliegenden Gipfel war atemberaubend.
🛌 Mein Tipp:
Wer keine Lust auf Massenlager hat, kann mit etwas Glück ein privates Zimmer bekommen oder draußen im Zelt schlafen – unbedingt vorher reservieren!
🌄 Tag 2: Gipfelsturm – Im Dunkeln los, im Licht ankommen
Um 4 Uhr morgens ging es los – mit Stirnlampe, pochendem Herzen und viel Vorfreude. Der Aufstieg ist technisch nicht schwer, aber körperlich fordernd: Geröllfelder, steile Pfade, dünne Luft. Jeder Schritt zählt.
Die Belohnung: Ein Sonnenaufgang über dem Hohen Atlas, der dich sprachlos macht. Die Bergspitzen tauchten aus dem Nebel, der Horizont glühte, und plötzlich lag ganz Marokko unter meinen Füßen.
Der Abstieg erfolgte auf demselben Weg – müde, aber erfüllt. Gegen Mittag war ich wieder in Imlil, mit schmerzenden Beinen, aber einem riesigen Lächeln im Gesicht.
🧠 Was ich gelernt habe – und was dich erwartet
- Die Höhe ist kein Witz: Auch fitte Menschen können an der dünnen Luft scheitern. Langsam gehen, viel trinken und sich nicht überschätzen!
- Ein Guide ist kein Muss – aber hilfreich : Ich bin alleine gegangen, aber ein ortskundiger Guide kann Kultur, Sicherheit und Geschichten bieten.
- Berber-Gastfreundschaft : Unterwegs wurde ich mehrfach spontan auf Tee eingeladen. Eine Geste, die mich tief berührt hat.
🧭 Ein Berg, der mehr gibt, als er nimmt
Die Wanderung zum Toubkal ist keine „Bucket List“-Erfahrung – sie ist eine Reise zu sich selbst. Ob du oben ankommst oder nicht: Der Weg dorthin schenkt dir Perspektive, Demut und Naturgewalt pur.
Wer Marokko nur mit Medina und Sahara verbindet, verpasst ein ganz anderes Gesicht dieses vielfältigen Landes. Der Hohe Atlas – rau, still, ehrwürdig – hat mich verändert. Und vielleicht wird er auch dich verändern.